Gleich vorweg – es war grandios. Zugegebenermaßen war es auch nicht anders zu erwarten.

Jürgen Klinsmann hat ja schon versucht seit zwei Jahren die Einheit in der Mannschaft herzustellen und vor allem die Deutschen selbst davon zu überzeugen, dass wir hier was reißen können.
Ein Großteil hat an ihm gezweifelt. Der Grund ist mir bis heute nicht verständlich.
Als wir 2004 von seinem Amtsantritt erfuhren, als wir gerade in Namibia (ehemals Deutsch-Südwestafrika) unterwegs waren, und lasen, was er am deutschen Fußball alles ändern will, waren wir auf Anhieb von seiner Idee überzeugt.
Die ganzen alten Säcke im DFB, die sich sooo wichtig tun oder als allwissend hinstellten, hat er ausgetauscht; seinerzeit unantastbare Spieler hat er von ihrem nicht vorhandenen Thron abgesetzt. Das alte deutsche Fußballsystem wurde von Grund auf überarbeitet und von alt auf jung geändert. Damit hat Klinsi etwas in die Wege geleitet, was längst überfällig war und schon häufig gefordert wurde.

Dass wir Tickets haben wollten, stand außer Frage. Enrico hätte vielleicht sogar € 1.000,00 für ein Ticket ausgegeben. Wir konnten aber dennoch nur hoffen, auch tatsächlich Eintrittskarten zu ergattern. Die Notarkasse Sachsen (auf die wir etwas gehofft haben) blieb leider untätig.
Als knapp ein Jahr später die erste Auslosung von Tickets stattfand, haben wir uns natürlich auch beworben. Für sieben Spiele haben wir je vier Karten im Wert von knapp € 7.000,00 bestellt, in der Hoffnung nicht wirklich alle zu bekommen.
Dann zog es uns erst einmal in das ferne Südamerika für eine zweimonatige Reise. Ob es geklappt hat, würden wir erst danach erfahren.

Zwar stand zum Zeitpunkt der Bestellung noch nicht einmal fest, wer sich überhaupt für die WM qualifizieren würde, geschweige denn, wer gegen wen spielen wird, aber Enrico tippte darauf, dass die Mannschaft „A1“ der Gastgeber sein wird und orderte Tickets ausschließlich für diese Spiele.

Und wir sollten Glück haben … In einem Jahr werden wir in Berlin dabei sein. Dass es sich um ein Deutschlandspiel handeln würde, war – wie gesagt – bis dato noch völlig unklar. Umso größer war die Freude, als die Auslosung dies ergab.
Überglücklich fieberten wir dem 09. Juni 2006 entgegen und ganz besonders natürlich dem 20. Juni 2006.

Es begann schon mit der Hinfahrt von Sachsen nach Berlin. Die A13 war voll mit Fahrzeugen aller Art (Pkw, Lkw, Krankenauto, Müllauto) mit der Deutschlandfahne am Fenster. Auch wir haben unsere Fahne aus dem Fenster wehen lassen.
Auch die anderen Familienmitglieder (Marc und Dirk), die wir bei der Kartenbestellung mit angegeben hatten und die selbst mit Flugzeug bzw. mit der Bahn nach Berlin anreisten, erzählten von einer weißen T-Shirt Flut in ihren jeweiligen Verkehrsmitteln. Alles bewegte sich auf Berlin zu und wir folgten den Strom.
Der Parkplatz nahe des Flughafens Berlin-Schönefeld war bereits gerammelt voll und fest in deutscher Hand. Viele Dutzend Menschen in den Farben des deutschen Volkes strömten zur S-Bahnstation, was es uns erleichterte den richtigen Weg zum Bahnsteig zu finden, um ins Zentrum zu kommen. Und selbst in der S-Bahn waren mindestens 70% aller Fahrgäste in Fußballtracht – gleich welcher Nation – unterwegs. Die gute und positive Stimmung war überall zu spüren.

Unsere Pension in Kreuzberg (vor einem Jahr als letztmögliche Unterkunft gebucht) war schnell gefunden. Dort haben wir uns auch noch endgültig für das letzte Spiel der Vorrunde vorbereitet. Marc, den wir zuvor am Alexanderplatz getroffen haben, richtete seinen Punk und wir gaben unseren Wangen den schwarz-rot-goldenen Touch.
Geschminkt und mit trötenden Fanfaren erreichten wir den Alex und mischten uns unter die zahlreichen Fans. Ab hier haben wir den ganzen lieben Tag nicht eine Person gesehen, die nicht in Fußballtracht oder mit einer Fahne auf der Haut durch die Gegend lief.
Die dominierenden Farben: Schwarz-Rot-Gold.

Endlich mal Nationalstolz in diesem Land, wo sich sonst jeder schon für eine Vergangenheit entschuldigt, noch bevor er einen anderen Satz über die Lippen gebracht hat; eine Vergangenheit, über die er selber viel zu wenig weiß.

Über die Rolltreppen des riesigen Hauptbahnhofes rollte ein weißes Band aus deutschen Fans; alle auf der Suche nach dem richtigen Bahnsteig für die optimale Fußballfete. Trompeten und Fangesänge erhallten unaufhörlich in der Halle.
Unser Weg ging in Richtung Olympiastadion. Erstaunlich viele schienen Karten für das Spiel zu haben, wenn man beobachtet, wie viele in unsere Richtung wollten. Doch als wir gefragt wurden, wo wir die Party steigen ließen, wussten wir nicht recht was wir sagen sollten, denn wir dachten alle sind mit uns gen Stadion unterwegs. Als wir erwähnten, dass wir Tickets für das Spiel Deutschland-Ecuador im Stadion haben, ging ein Raunen durch die Menge und eine Vielzahl derer, die es gehört hatten, verneigten sich aufrichtig vor uns. Tickets für Deutschland – im eigenen Land – in Berlin, das Endspiel der Vorrunde! Wir wurden behandelt wie Götter.

Auf dem Platz vor dem Stadion war schon die Hölle los. Einige Tausend Ecuadorianer zwischen zigtausend Deutschen. Eine friedliche und schöne Spannung im Vorfeld war zu spüren. Fotos vom jeweils gegnerischen Fan wurden geknipst und die Tröten und Rasseln begleiteten die Fangesänge.
Der Einlass lief gesittet ab, kaum Wartezeit trotz intensiver Kontrollen. Die Security war enorm pingelich und offenbar völlig befreit vom Denken. So wurden von der Fifa verkaufte Fanartikel wie Konfetti etc. beschlagnahmt und auch wir durften nur zwei der vier erforderlichen Ersatzakkus für die Kamera ins Stadion nehmen, da man das ja als Wurfgegenstände verwenden könnte. Offenbar aber nur die 3. und die 4. Batterie; die 1. und die 2. nicht. Egal, wenn auch dumm.

Der Sitzplatz nahe des Eckpfostens neben der Trainerbank (dort wo Lehmann in der 1. Halbzeit stand) war schnell gefunden und das Stadion füllte sich zusehends.
Die Fans unterhielten sich selbst, bis die ersten Spieler zum Aufwärmen kamen. Ab nun war Party.

Die Gefühle zu beschreiben ist zwecklos, weil es keine Steigerungsformen oder Superlative dafür gibt. Nur so viel: es gibt maximal eine Hand voll Tage im Menschenleben, die sooo unbeschreiblich schön sind und an die man sich in dieser Form erinnern wird. Wir werden noch unseren Enkelkindern von diesem Tag vorschwärmen können. Einzigartig. Dieser Tag kann uns von Keinem mehr genommen werden. Wir fühlten uns durch Nichts und Niemanden angreifbar.

Einige Male haben wir selbst ein paar Fan-Songs angestimmt, worauf die Menge mit einstieg. Die Masse träumt nun vom Finale!

Nach dem Spiel waren die Ecuadorianer zwar geknickt, aber das tat der Fairness keinen Abbruch. Mein Bruder tauschte sein Deutschland-T-Shirt mit einem Original-Ecuador-T-Shirt, was bei manchen Fans auch im Nachhinein noch für Verwirrung sorgte. Aber es war eine schöne Geste. Auch als wir einen Original-Ecuador-Hut aus Bast geschenkt bekommen haben. Ein Souvenir von Menschen eines anderen Kontinents, die ihre Autos versetzt haben sollen, nur um hier und heute dabei sein zu dürfen.

Der Abtransport nach dem Spiel mit der S-Bahn in die Innenstadt zog sich trotz der glühenden Sonne und der schwülen Hitze in dem voll gerammelten Abteil in die Länge. Scheinbar waren die Gleise überfüllt. Aber die Fans wussten sich zu unterhalten. Und so war auch auf dem Weg in die Innenstadt die Party noch voll im Gange.

Erst 20.00 Uhr, zwei Stunden nach Spielabpfiff, erreichten wir die Berliner Fanmeile am Brandenburger Tor. Hier versammelten sich zu den noch verbliebenen 250.000 der ursprünglich 700.000 deutschen Fans mehr und mehr Engländer und Schweden, um das Spiel 21.00 Uhr mit einer grandiosen Stimmung zu verfolgen.

Wir selbst waren aber mittlerweile schon so geschafft, dass wir nur die erste Halbzeit hier erlebt haben und die zweite dann vor dem Fernseher im Hotel, wo wir erst nach Mitternacht mit einem breiten Grinsen im Gesicht einschliefen.

Achso:

Kann ich noch mal den Endstand hören?????

Deutschland ???                                 DREIIII !!!

Ecuador ???                                       NUUULL !!!

DAAANKE !!!                                       BIIITTE !!!

Hinweis zum Copyright

Hinter diesem Link verbergen sich Fotos, die sowohl von uns als auch von anderen Fotografen geschossen wurden. Diese Fotos sollen dazu dienen, einen noch besseren Eindruck vom Geschehen des 20. Juni 2006 in Berlin beim Spiel Deutschland gegen Ecuador zu vermitteln. Da nach der WM diese Bilder auf nimmer wiedersehen in der Versenkung verschwunden sind, aber wir diese Eindrücke unbedingt in Erinnerung behalten wollen, haben wir eine Vielzahl von Fotos dieses Tages zusammengetragen. Schließlich sollen auch andere sich an diesem Erlebnis erfreuen können.
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